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Politische Weissagungen im Mittelalter: Verbreitung und Aktualität des Ps.-Methodios | Eschatological Prophecies and Political Propaganda in the Middle Ages

PD Dr. Hannes Möring
Bayreuth University, Medieval History

Politische Weissagungen im Mittelalter: Verbreitung und Aktualität des Ps.-Methodios

Ende des 7. Jahrhunderts entstand im Nahen Osten in syrischer Sprache eine Schrift, die den baldigen Zusammenbruch der islamischen Herrschaft durch den Sieg des letzten byzantinischen Kaisers und das dann folgende Ende der Welt vorhersagte. Diese unter dem Namen des Bischofs Methodios von Olympos oder Patara verfasste, in der Forschung als Ps.-Methodios bezeichnete Weissagung bildet die zweite Hälfte einer in sieben Jahrtausende gegliederten Darstellung der Weltgeschichte.

Das Werk des Ps.-Methodios war im Orient weit weniger verbreitet als in Europa, wo es schon nach wenigen Jahren ins Griechische und wohl in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts von dort ins Lateinische übersetzt wurde. Außerdem kam es noch im 8. Jahrhundert zu einer weiteren lateinischen, vor allem durch Kürzungen, aber auch durch Änderungen und Zusätze erheblich bearbeiteten Version. Insgesamt sind in den heutigen Bibliotheken mehr als 200 lateinische Handschriften des Ps.-Methodios bekannt, wobei aus dem 15. Jahrhundert doppelt so viele erhalten sind wie aus dem 14. Jahrhundert. Der größere Teil dieser Handschriften ist der Kurzfassung zuzurechnen, auf der allesamt auch die schon zu Beginn des 14. Jahrhunderts, vor allem aber im 15. Jahrhundert nachweisbaren Übersetzungen in europäische Volkssprachen basieren. Angesichts dieser Verbreitung überrascht es nicht, dass viele mittelalterliche Autoren das Werk des Ps.-Methodios benutzten, wobei es ihnen vielfach als historische Quelle diente, sie also nicht unbedingt an der Weissagung und den Ereignissen der Endzeit interessiert waren.

Im Mittelpunkt meiner Untersuchungen und Überlegungen stand die Frage, welche Gründe dafür zu nennen sind, dass die Weissagung des Ps.-Methodios vom frühen Mittelalter bis in die Neuzeit hinein verbreitet und somit aus Sicht der Zeitgenossen aktuell war. Von dieser Zielsetzung her musste vor allem geprüft werden, was von den Zeitangaben zu halten ist, die Ps.-Methodios macht.

Als Antwort auf diese Frage ergibt sich, dass die für die Aktualität der Weissagung (vermeintlich) entscheidende Angabe des syrischen Originals über die Herrschaftsdauer der Muslime sehr früh schon - d.h. in der griechischen und lateinischen Übersetzung - verändert wurde, später aber nicht mehr, obwohl die Angabe der Herrschaftsdauer nicht etwa erhöht, sondern von 70 auf 49 Jahre verringert wurde. Offenbar sollte die Angabe von 7x7 Jahren nicht (mehr) wörtlich genommen werden, und wie sich an der Verbreitung der Weissagung über das gesamte Mittelalter hinweg zeigt, wurde sie von den Zeitgenossen auch tatsächlich nicht wörtlich genommen.

Mehrdeutig und damit aktuell blieb die Weissagung auch in der Frage, ob die Welt volle 7000 Jahre existieren oder bereits im Laufe des 7. Jahrtausends untergehen sollte. In der sehr verbreiteten lateinischen Kurzfassung wurde die Weltdauer auf 6000 Jahre verkürzt, wobei auch diese Angabe zumindest im späteren Mittelalter, als die 6000 Jahre längst abgelaufen waren, nicht mehr wörtlich genommen wurde, wie nicht nur die Verbreitung der lateinischen Kurzfassung, sondern auch die Äußerungen des Pierre d'Ailly und anderer zeigen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Interesse an der Schrift des Ps.-Methodios wohl in der Verheißung des Triumphs des Christentums über den Islam noch vor der Wiederkehr Jesu begründet lag und die Frage der Glaubwürdigkeit der in seiner Weissagung gemachten Zeitangaben nicht von entscheidender Bedeutung war.

Das Interesse dürfte durch den Untergang des byzantinischen Reiches von 1453 (nochmals) gewachsen sein, vielleicht auch durch andere Niederlagen wie den Verlust der Kreuzfahrerstaaten Ende des 13. Jahrhunderts. Vermutlich benötigte das Interesse an Ps.-Methodios den Misserfolg als Nährboden. Vielleicht war es gerade der Erfolg der Reconquista, der der Verbreitung des Ps.-Methodios auf der Iberischen Halbinsel abträglich war. Die Bedrohung durch islamische Mächte war für die Verbreitung jedenfalls nicht von entscheidender Bedeutung, wie auch das Beispiel Englands zeigt, wo Ps.-Methodios besonders populär war, ohne dass England jemals durch eine islamische Macht direkt bedroht war.

Auf dem Felde der realen, praktischen Politik bzw. der politischen Ereignisse hatte Ps.-Methodios offenbar nur geringe Auswirkungen, im Gegensatz zu anderen Weissagungen auch auf den Kreuzzügen. Die Weissagung ist auch insofern von geringer politischer Bedeutung gewesen, als im Unterschied etwa zur Mahdi-Erwartung der Muslime kaum ein Herrscher oder Rebell in Europa den Anspruch erhoben hat, der die Macht der Muslime vernichtende Endkaiser zu sein.

Eschatological Prophecies and Political Propaganda in the Middle Ages

The main subject of my research was the importance of political propaganda in medieval prophecies about the end of the world and, vice versa, about eschatological expectations in political predictions. Therefore, the following questions had to be clarified: authorship, date and place of composition, aims and message regarding actuality and actualization, similarities, impact and popularity, interest of the victorious and successful regarding the ruling class and the Church, as well as the interest of the underdogs regarding the unsuccessful or defeated.

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